Zuschauermagnet beim Kickboxen
1994 traf ich Michael Kuhr in Berlin-Kreuzberg. Einen Arm hatte er im Gips und damit war die Vorbereitung für den nächsten Kampf unmöglich geworden. Es sollte die Titelverteidigung gegen Murat Cömert sein. Es war der zweite Bruch innerhalb von einem Jahr und läutete das Ende der Kickboxära von Michael Kuhr ein.
In diesen Jahren füllten Namen wie Michael Kuhr, Gilbert Ballentine, Frank Scheuermann, Orlando Wiet und Klaus Nonnemacher mit ihren Kämpfen die Deutschlandhalle in Berlin, die Grugahalle in Essen oder die Dortmunder Westfalenhalle. Die Athleten waren deutschland- und europaweit bekannt und zeigten über Jahre gleichbleibend gute Leistungen und bürgten für spannende Kämpfe im Ring.
Michael Kuhr wurde bereits bei seinem ersten offiziellen Kampf 1977 Berliner Meister im Semi Kontakt. Er wiederholte diese Erfolge in den Folgejahren und wurde durch den Gewinn von 6 Weltmeisterschaften im Profilager zum Idol, besonders in der Berliner Kampfsportszene. Er war durch seine herausragenden Leistungen bei den Kampfsportinteressierten respektiert und sehr hoch angesehen. Er bewies über Jahre Kontinuität und wich keinem Kampf aus.
In unserer heutigen, schnelllebigen Zeit sind nur wenige Kampfsportler bereit, sich so über Jahre hinweg zu quälen um an die Spitze zu gelangen. Und somit ist es auch ungleich schwieriger, große Hallen zu füllen, da das nur großartige Kämpfer vermögen. Im Boxsport ist es mittlerweile gelungen mit zugträchtigen Namen wie Klitschko oder Valuev große Hallen zu füllen, Promis an den Ring zu holen und TV-Übertragungen zu erreichen.
Michas Sparringspartner Andy Hug
Dieser Armbruch, einfach so beim Sparring, beendete dann auch die Kickboxkarriere von Michael Kuhr. Wie konnte es bei einem so durchtrainierten Sportler dazu kommen?
Drei Tage vorher trainierte Micha mit Andy Hug, dem schweizer Ausnahmeathleten des Kyokushinkai. Sie machten Pratzentraining. Abwechselnd hielten sie die Unterarmpratzen und traten und schlugen dagegen. Micha, der knapp 40kg leichter war, warf nach ca. 60 Minuten das Handtuch. „Ich konnte die Pratzen nicht mehr halten. Meine Unterarme taten weh.“ Andy Hug sagte daraufhin: „Micha, Schwäche ist nur im Kopf. Lass uns weitermachen.“ Das Ergebnis kam nach drei Tagen: Ein Ermüdungsbruch. Schluss, aus, Ende der aktiven Laufbahn. Jedoch das Kickboxen völlig aufzugeben stand nicht zur Diskussion. Micha arbeitete in der Folgezeit als Kickboxtrainer in der Sportschule Blankenburg und gab sein Wissen an die nächste Generation weiter.
Das Ende der Kickbox-Karriere – Ein neuer Weg
In Potsdam bekam Michael Kuhr dann 1994 die Anfrage, ob er nicht eine Sicherheitsfirma gründen und die Diskotheken in der Gegend betreuen könnte. Damit war eine neue Karriere gestartet, die dann durch den ZDF-Bericht im Jahr ca. 2000 noch richtig für einen Medienhype nicht nur innerhalb Deutschlands und auch außerhalb der Kampfsportszene sorgen sollte. Michael Kuhr war plötzlich zu einer Kultfigur geworden. Von Kult muss man schon sprechen, wenn die kleinen Filmausschnitte aus dieser ZDF-Sendung bis heute 10 Millionen Aufrufe verzeichnen. Nicht mitgerechnet sind die unzähligen Handys, auf denen sich die Fans die Filme geladen haben und immer wieder ansehen.
Viele der breiten Tür-Checker wünschten sich dieses Auftreten und diese Autorität, die Michael Kuhr hat. Mit ein paar Worten verschafft er sich Respekt: „Lass uns mal reden unter Männern“, sagt er und schon ist die Luft raus bei dem Gegenüber.
Und plötzlich auch noch Buchautor
Die Verlagsgruppe Droemer und Knaur kam 2010 auf Michael Kuhr zu und bat ihn, ein Buch über seine Erlebnisse und Erfahrungen an der Tür und beim Personenschutz der Promis, die auch gern seine Dienste buchen, zu schreiben. Zu erzählen hat er genug und so erschien am 22. August 2011 sein Buch „Bodyguard – Zwischen High Society und Unterwelt“. Angemessen wurde im „Adagio“ am Potsdamer Platz in Berlin zur Veröffentlichung eine Release-Party mit prominenten Gästen gefeiert.
Bei dieser Popularität und dem Medieninteresse an der Person Michael Kuhr war klar, dass sein Buch von vielen Fans interessiert erwartet wurde.
Hier plauderte er über seine Art der Deeskalation oder wie Bruce Lee es genannt hat: Die Kunst zu kämpfen, ohne zu kämpfen. Ich fragte Michael Kuhr, ob diese Redeweise, die er anwendet, das Ergebnis von Seminaren, Lehrgängen und Fortbildungen zur Konfliktbewältigung sei. „Nein, da agiere ich angemessen und angepasst an die jeweilige Situation aus dem Bauch heraus.“
Von diesem Mann können sich heute mehr denn je viele eine Scheibe abschneiden. Denn: Ein falsches Wort zum falschen Zeitpunkt und schon kann eine brenzlige Situation eskalieren und es zu einer handfesten Auseinandersetzung mit Schlägerei oder Schlimmerem kommen. Aber selbst in solchen Situationen schlägt Michaels Kämpferherz ruhig, denn er weiß, was er im Notfall auch heute noch drauf hat.
Ich würde mich nicht wundern, wenn seine Geschichte auch demnächst verfilmt wird, denn kecke Sprüche hat Michael auch immer auf Lager.
Ungebrochene Popularität
Eins steht fest: Auf der VIP-Bilderwand von AsiaSport…und mehr in Hannover sind zwar viele Promis und Berühmtheiten aus dem Kampfsport und Showgeschäft zu sehen. Zum Schluss sehen die Kunden jedoch oft meinen Sohn David an und sagen: Wow, du kennst Michael Kuhr und hast ein Foto mit ihm!
Text: Olaf Schönau
Bilder: ©AsiaSport
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